
Es ist das erste Weihnachten im Jahre Null unser Patchworkfamilie. Drei Jahre, sagte eine Bekannte benötigt man, um mit dem ehemaligen Lebenspartner wieder vernünftig kommunizieren zu können. 2 ½ Jahre müssen wir demnach noch absitzen. Trotzdem, oder gerade deswegen landeten wir, entgegen aller Planung gemeinsam in der Kirche.
Das Gotteshaus war nicht ganz soll voll, wie die Jahre vorher. Mag am Wetter liegen oder an dieser Zeit des Wandels. Am Eingang konnte man für einen Euro ein Friedenslicht kaufen ( so günstig kann Frieden sein). Noch mit etwas Wut über unsere nach ehelichen Kommunikationsprobleme beladen lehnte ich dankend ab. Der Pfarrer stand am Eingang und begrüßte mich mit einem „ oh, du bist ja hier“. Ich antwortet mit einem Lächeln „ wo soll ich denn deiner Meinung nach sein?„. Die Jahre vorher hatte ich immer die „heilige Familie“ fotografiert. In der Gemeinde gibt es vor der Kirche eine so genannte „Lebendkrippe“, mit echten Schafen und einer echten Familie mit Neugeborenem. Dieses Jahr hatte sich der Pfarrer allerdings nicht bei mir gemeldet.
Bevor der Gottesdienst richtig los ging fragte mich ein Bekannter der neben mir saß, ob noch jemand ein Friedenslicht haben möchte. Spontan entschied ich, das er mir zwei Lichter mitbringen sollte, eines für mich und eines für die ehemalige Lebenspartnerin. Die war gerade selbst Friedenslichter für unsere Kinder holen. Ich legte ihr eines, von den erstandenen Friedenslichtern auf ihren Platz. Der Gottesdienst wurde von Konfirmanden gestaltet, es ging um Frieden ( wie immer an Weihnachten ). Um den Wunsch auf Frieden in dieser Welt, um Liebe und Zuversicht. Die Menschen um mich herum hörten zu, aber waren mit den Gedanken woanders. Man konnte es spüren. Spätestens als alle das Friedenslicht, welches in Bethlehem entfacht wurde weitergeben sollten wurde es augenscheinlich, wie schwer es dem ein oder anderen fiel, einen völlig Unbekannten eine frohe Weihnacht zu wünschen. Und da kam mir der Gedanke, daß wir viel mehr über Hass, Krieg und Ängste reden sollten, als über Frieden, Liebe und Zuversicht. Der ewige Wunsch nach Frieden und Liebe setzt uns unter Druck, so entsteht oft das Gegenteil. Wenn wir wissen wie Hass, Krieg und Ängste entstehen, dann finden wir auch unseren Frieden.
Die meisten Friedenslichter wurden beim Verlassen der Kirche vom Wind ausgeblasen, aber man kann ja jederzeit ein eigenes entzünden, es muss nicht unbedingt aus Bethlehem kommen sondern aus dem Herzen. Als ich die Menschen zurück zu ihren Autos und Wohnungen eilen sah, kam mir der Gedanke, das wir nicht nur eine Gesellschaft mit vielen Patchworkfamilien, sondern eine Patchworkgesellschaft geworden sind. Im Moment etwas ziellos und verunsichert. Auf der Suche nach einer neuen Gesellschaftsform, neuen Werten und Zielen. Zwar klammern sich Kirche und die alten Religionen an ihre geschlossene Gemeinschaft, aber diese hat ein immer größer werdendes Loch. Durch dieses schlüpfen neue Gedanken und Ideen. Es ist fast so, als öffne die beschriebene Geschlossenheit und das Festhalten an alten Ritualen die Tür für Neues.
Wie auch immer, ich bringe jetzt eines von unseren Friedenslichtern zu meinem Nachbarn, der hat Grippe und liegt krank im Bett. Entzünden werde ich es selbst, das Feuer aus Bethlehem hat ja der Wind ausgeblasen.-).
Ich kam gestern bei einem Lied in der Kirche ins Grübeln. Gesungen wurde „Komm‘ lasset uns anbeten“ und ich dachte: Genau darum ging es doch vor 2000 Jahren, es sollte eben nichts „angebetet“ werden, kein goldenes Kalb, keine Götze, kein Retter von außen. Beten sollte vielmehr Einkehr sein, Meditation, Gespräch mit dem eigenen Inneren, den eigenen Gefühlen – in Liebe und Achtung zu/vor allem, was einen umgibt … so habe ich das zumindest verstanden … hab‘ das nicht zu Ende gedacht, war nur so ein Impuls.
War gerade spazieren, Fotos machen und im Dom. Hab‘ ein Licht für dich angezündet. Du kannst das im Moment gut gebrauchen, dachte ich 🙂
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mercie
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Ich werd fuer dich ein Koelsch mitbestellen und mit dir trinken, bin schon aufm Weg, hab nur noch 19 Stunden vor mir.
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yearrr man, ich freu mich drauf. Es gibt Kölsch im Miles! Und spuck nicht auf den Singapore Boden, sonst dauert es länger.
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Manchmal kriegt man auf ganz altmodische und konventionelle Weise das Weltbild wieder zurechtgerückt. Was Patchworkfamilien, Feiertage und normale und konstruktive Kommunikation an allen Tagen im Jahr angeht, bin ich auch nicht ganz unbeschlagen, wenn auch nicht unmittelbar beteiligt. Manche Dinge benötigen eben Zeit und ein offenes Herz. Auch auf die Gefahr hin, wieder und wieder einstecken zu müssen.
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yep, sehe ich auch so. Finde es aber auch oK, wenn Weltbilder mal verrutschen, so passiert Veränderung oder irgendwie hab ich so ein Gefühl, diese Welt könnte ein wenig positive Veränderung ( am offenem Herzen ) vertragen
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Damit durch den Text kein falscher Eindruck entsteht. Die Kommuniaktionsprobleme, welche im Text geschildert werden haben nichts mit Hass und Krieg in der „Nachehe“ zu tun.
Es handelt sich um „Neupositunierungen“ und diese sind wichtig und nötig, benötigen aber viel Fingerspitzengefühl .-)) welches erst einstudiert werden muss.
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