Eigentlich wollte ich endlich einmal eine kleine Geschichte schreiben. Nichts politisches, nichts religiöses, nichts zitiertes. Etwas leichtes, federndes, etwas aus dem alltäglichen Leben. Doch genau in dem Moment, wo der Bleistift angespitzt und der Block bereit liegt, da fällt dieser bordeauxrote, schwere, samtige Vorhang. All die schönen, lustigen Geschichten in meinem Kopf sind verdeckt. Scheinwerfer suchen hektisch den roten Vorhang ab. Im dunklen Zuschauerraum, nur durch die Notbeleuchtung sperlich beleuchtet, sitzt eine einzelne Person. Die Hände unter dem Kinn, die Arme auf den Knien gestützt, schaut sie gebannt auf den Vorhang.
Auch der schnell gekochte Espresso findet keine Geschichte. Auf dem Tisch liegen die Reste des Frühstücks. Das mit Kirschmarmelade verklebte Messer liegt still neben dem massakriertem Frühstücksei. Ein Salzhuhn schaut, dieser Szene überdrüssig, beschämt weg. Der nicht verzerrte Yogurt wartet auf seine Rückführung in die Kälte. Nein, Geschichten sind hier keine zu finden. In der rosa Zeitung schreiben sie über Burnout-Syndrom, dem Tod eines Wirtschaftsführers, über Finanzmärkte, Krisen, Afrika, Nobelpreise, WM Qualifikationen. Vielleicht ist der rote Vorhang ja eine Art Burnout-Syndrom, Krise, Tod, Qualifikation? Nein, der Vorhang ist selbst eine Geschichte und in jeder Geschichte steckt eine Geschichte hinter der Geschichte, nicht fraktal aber wohl unendlich. Ich glaube das Salzhuhn hat gerade gelächelt und mir zugezwinkert, eine Geschichte? Wie auch immer, schönen Sonntag!
War schon einmal hier im Blog, aber Tatorte werden ja auch im Dritten wiederholt:
Grüße an das Salzhuhn :-).
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Was ist ein Salzhuhn???
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Ein Salzstreuer in Huhnform
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Eine superschöne Nichtgeschichte! Kompliment.
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Aus deinem Mun..äh, deiner Tastatur eine Goldmedalie, thx.
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Unbedingt, wenn nicht Platin, wenn ich überhaupt qualifiziert wäre, Medaillen zu vergeben…Fiktion im Blog finde ich übrigens immer challenging, sowohl für den, der schreibt, als auch für die Leser, da dieses wichtige Blogelement des „Miterlebens“ wegfällt oder zumindest die Illusion des persönlichen Miterlebens. Stilistische Schwächen werden da schneller übel genommen, als bei den (manchmal auch nur scheinbaren) Realitäten, über die geschrieben wird. Finde ich merkwürdig.
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Und ich häng an der Mucke fest. Unser Salzleuchtturm steht immer ganz still da und erträgt stoisch alles Eierleid. Aber da Frühstücken und auch noch gemeinsam hier eh die absolute Seltenheit geworden ist, hat er auch nicht viel zu gucken.
Da kommt davon, wenn Mann und Frau auch am Wochenende arbeiten müssen.
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so lange die Zeilen, die ich schreibe bei mir ein Lächeln oder gar Lachen hervorbringen ist mir alles andere egal
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Ein Leuchturm:-) in was ist denn der Pfeffer?
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In einer Mühle 🙂 Du weiß doch, Pfeffer und Parmesan nur frisch gemahlen, bzw. gerieben.
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Das ist Dir auf hohem Niveau gelungen.
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🙂
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jetzt bin ich erötet
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Wir brauchen mehr Nichtgeschichten, weil es irgendwie immer die schönsten sind.
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Ich muss bei roten Samtvorhängen immer an David Lynch denken..
Was das Schreiben angeht, so glaube ich funktioniert das selten „auf Kommando“. Zumindest bei mir ist das so 🙂
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gegen Kommandos hatte und habe ich schon immer was
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