Früher saß ich vor Funkgeräten und habe versucht, mit dem Gerät und einigen technischen Raffinessen meine Reichweite zu erhöhen.
Später, in der WG gab es öfter Stress um das WG-Telefon, welches an dem langen Kabel hängend, immer in irgendwelchen Zimmern stand.
Online bedeutete damals Sprache. Funkkontakte ohne Sprache waren auch möglich, aber die ganze Zeit morsen hätte wohl genervt.
Wenn wir uns gegenseitig hören, hören wir nicht nur die Worte als solche, sondern auch die Tonlage, die Geschwindigkeit der Worte, die Lautstärke. Alles ergibt in unserem Gehirn ein Bild des Gegenübers, seines Zustandes, seiner Meinung. Wir haben mehrere Faktoren, aus denen wir unser Bild zusammensetzen. Beeinflusst wird diese aus unseren bisherigen Erfahrungswerten, welche wir in unserem Leben abgespeichert haben, so kann Lachen am anderen Ende Spaß bedeuten, Ironie, oder das Gefühl, es macht sich jemand lustig über uns.
Eine Nachfrage kann erfolgen oder ausbleiben. In jedem Fall kann der Kommunikationspartner die Reaktion des Anderen hören und sei es ein betroffenes Schweigen.
Meine Kommunikationsformen haben sich mit den Jahren gewandelt, Funkgeräte habe ich tatsächlich immer noch, aber der Großteil meiner Kommunikation* läuft mittlerweile digital, vorzugsweise über Messenger-Dienste.
Hier steht das geschriebene Wort, der Emoj , der gesendete Link, das gesendete Bild im Vordergrund.
Sprachmitteilungen versende ich weniger und mir ist aufgefallen, dass ich Sprachnachrichten anders verfasse, als wenn ich direkt mit jemanden telefoniere. Ich werde zu einer Art Nachrichtensprecher.
Ein für mich persönliches Manko, ist die gegenseitige Erwartungshaltung bei der online Kommunikation, sofort antworten zu müssen.
Es gibt schon einige Studien zur Ausschüttung von Glückshormonen bei eingehenden Nachrichten und einer Art von Suchtverhalten.
Aber die größte Variable sind für mich die Bilder, die Meinungen, welche wir uns während der online Kommunikation bilden.
Ein Satz, wie zum Beispiel: „Ich kann dir jetzt nicht antworten“, lässt sich auf völlig unterschiedliche Weise interpretieren, wenn es dann noch mit einem emoj versehen wird, kommen verschiedene Deutungsmöglichkeiten in den Sinn.
Hier ein Selbsttest:
Ein spannender Punkt in der online Kommunikation ist die Distanz. Wer kennt nicht die Menschen im Auto, an der Ampel, die laut einen Song mitsingen und sich „privat“ fühlen.
Online ist, wie im Auto. Es ist ein gesicherter Raum. Wir können Kontakte knüpfen, unsere Meinung vertreten, eine Rolle spielen.
Wir können uns Lob und Meinungsbrüder und Schwestern suchen, welche unsere Ansicht bestärken, wir können Frust abbauen, oder mitsingen.
Doch je mehr wir online sind, desto mehr verändert sich unsere Kommunikation und unsere Realität.
Besonders, wenn man einmal eine Grafik betrachtet, welche ich einmal bekommen habe, es sei der Hinweis gestattet, dass sie nicht wissenschaftlich geprüft ist, sie soll hier nur als Anregung dienen, auch die Quelle ist mir leider unbekannt.
Uns darf bewusst sein, dass aus wenigen online Sätzen, eine Menge Interpretationsspielraum möglich wird. (siehe Trumps Twitterbotschaften). Im Zweifel dürfen wir lieber noch einmal nachfragen, wie ein Satz nun wirklich gemeint war, auch bei Kommentaren in diesem Medium.
Online Kommunikation darf, meiner persönlichen Meinung nach, nicht zum Bestandteil des Lebens* werden. Es ist schwer sich dem zu entziehen, aber es verändert möglicherweise die Persönlichkeit und macht dem Einen oder Anderen vielleicht sogar Ängste, sich weiter unbefangen in der analogen Welt zu bewegen.
Denn dort gelten andere Regeln, dort gibt es weder Photoshopfilter, noch Suchmaschine und Übersetzer, etc..
Leider gibt es wenig Studien oder Arbeiten, welche ich bisher zum Thema gefunden habe. Die meisten Studien, Arbeiten beschäftigen sich damit, wie man Menschen, welche online sind, kontaktieren kann, um ihnen Produkte zu verkaufen.
Wer Teenager Zuhause hat, sollte sich mal spaßhalber einen Stream im Messenger zeigen lassen und in der Realität schauen, wie dort die Kommunikation untereinander stattfindet.
Früher, als ich Lego spielte, war ich Luke Skywalker, bis mich meine Mutter zum Essen rief.
Es ist schön in Rollen zu schlüpfen, aber im Legospiel habe ich mit mir selbst kommuniziert.
Online kommuniziere ich mit einem Mitmenschen, bei dem sich ein Bild über mich bildet und ich ein Bild von ihm entstehen lasse.
Beim Essen gab es damals keine Smartphones und die Legos mit an den Tisch zu nehmen war indiskutabel.
Es sollten sich viele Menschen mehr so wie Sie reflektieren. Ich halte die ständige Erreichbarkeit und auch den Interpretatinsspielraum für tendenziell gefährlich.
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So wie Sie sollten viele Menschen mehr ihre Haltung zur ständigen Erreichbarkeit reflektieren. Abba was is nu mit alles auf Zuckah???!! – Ich will damit nicht ablenken, beide Themen sind ja hochbrisant.
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siehe altes Zuckerposting
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Ich finde gerade das Nicht-sofort-antworten-müssen macht einen großen Vorteil von Online-Kommunikation aus. Ich kann Dir jetzt hier einen Kommentar schreiben, und muss nicht darauf achten, ob Du gerade empfangsbereit bist. Du kannst ihn lesen, wann es Dir passt (und nicht wann es mir passt). Und Du kannst antworten, sofern Du möchtest, auch dann wann es Dir passt. Wenn ich mit jemandem spreche oder telefoniere, müssen wir beide gleichzeitig Zeit und Muße für Kommunikation haben. Bei der Online-Kommunikation genügt es, wenn beides mit Zeitversatz gegeben ist. Sollte jemand mit mir kommunizieren wollen und dabei die Erwartungshaltung haben, dass würde ich ein direktes Gespräch oder Telefonat vorziehen.
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Telefongespräche lassen sich auch nicht annehmen.
Ein Kommentar ist etwas anderes als ein Ping im Messenger, wenn ich Leute im Discounter, etc. beobachte reagieren gefühlt die Meisten sofort.
Ich denke Vielen fällt es leichter etwas per Kurznachricht zu schreiben, besonders nicht so angenehme Dinge.
Ich finde recht spannend wie viele Wahrnemungsmöglichkeiten mir fehlen, der Andere kann alles mögliche schreiben, spät schreiben lassen.
Ob er wirklich happy ist oder heult kann ich nicht wissen.
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Du hast recht, ein Kommentar ist etwas anderes als eine Nachricht, aber ich habe bei beidem nicht das Gefühl, sofort antworten zu müssen. Ein Gespräch nicht annehmen mache ich eher nicht, und wenn ich es nicht annehme, fühle ich mich gedrängt, so bald wie möglich zurückzurufen.
Solche Unterschiede haben mittlerweile durchaus Konfliktpotenzial in Beziehungen und Freundschaften: Warum hast Du auf meine WhatsApp nicht geantwortet, hab ich doch, ja aber erst nach 2 Stunden. Und Du gehst nie ans Telefon …. 😉
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Dann hast du für dich einen womöglich gesunden Weg der Kommunikation gefunden.
👍
Mit ging es auch um das, was wir wahrnehmen und verarbeiten, wie wir unsere Meinung innerhalb unterschiedlicher Kommunikationsformen zusammenstellen.
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