Ich habe schon einmal vor längerer Zeit darüber geschrieben, mein damaliger Artikel handelte über das Phänomen des Querlesen. Jetzt wird teils noch nicht einmal quer gelesen, sprich ein Text überflogen. Es geht um die sich verändernden Medien, unsere Kommunikation, deren Formen und was es mit uns macht.

Das Plakative hat mich schon als Kind fasziniert, mein erstes Schulpraktikum absolvierte ich in einer Werbeagentur, die einem großen Konzern gehörte. Das Büro in dem ich saß, war an den Wänden voll mit Jägermeister Werbung. Ich trinke Jägermeister, weil… .

Mir war damals sehr bewusst, dass Sprüche, Wortbildungen, Schlagzeilen hängen bleiben, unser Denken und somit ebenfalls unsere Handlungen beeinflussen. Immer weniger, so scheint es, ist der Einzelne bereit sich mit Themen auseinanderzusetzen und sei es mit der Gebrauchsanweisung eines schwedischen Möbelhauses. Dabei macht es durchaus Sinn. So ein Leben mit seinen Themen ist manchmal sehr komplex, nicht alles erschließt sich durch eine Überschrift, nicht alles können wir mit einer Überschrift erklären. Aber hier liegt eine Art Paradoxon, in einer komplexer werdenden Welt, die den Menschen weniger Zeit lässt, versucht der Mensch zu vereinfachen, sich einfache Lösungen zu suchen. Für Populisten ein dankbares Ziel. Sie werfen Überschriften in den gesellschaftlichen Raum, die Heilung, Lösung, Erfolg versprechen und gleichzeitig den vermeintlichen Grund all des Übels benennen. Es ist schwer sich Populisten, deren Slogans, der Vereinfachung zu entziehen, quadratisch, praktisch gut, kann ja nicht schlecht sein. Ich bin doch nicht blöd mag der Ein oder Andere denken, aber plakativ etwas in den gesellschaftlichen Raum zu werfen ist die zarteste Versuchung seit es Propaganda gibt. Und, nein, wir waren nie Papst oder Weltmeister, und heute ein König macht uns nicht zu einem Monarchen, vielleicht zum Alkoholiker.

Was in der Werbewelt noch den Weg frei macht für mehr Konsum, kann politisch in eine Katastrophe enden. Ein Werbespruch der Firma mit dem Apfel lautete einmal think different. Anders zu denken, beinhaltet sich mit Themen auseinanderzusetzen, sie von allen Seiten zu betrachten, die Energie, die Zeit und den Mut aufzubringen zu denken.

Die Schnelligkeit des Alltags lässt Themen vorbeirauschen, manches bleibt für ein bis zwei Tage hängen, manche Themen bleiben länger an uns haften, wie Kalk im Wasserkocher, wenn das Wasser verdunstet ist. Überschriften, Slogans sorgen dafür, dass der Kalk, welcher in den Köpfen entsteht, sich vermehrt. Dieser Kalk sogt auf Dauer dafür, das der Wasserkocher schlechter arbeitet, nur durch Erkennen des Zustandes und Handeln lassen sich Kalkschichten wieder lösen.

Einfach erscheint es mir nicht. Der Kampf um Deutungshoheiten wird schon längst in Überschriften, in Slogans geführt, wie der vergangene Wahlkampf zeigte. Die Zukunft sieht düster aus, was eine Besserung dieses Zustandes betrifft. Es liegt an jedem Einzelnen sich frei von Überschriften zu machen und sich mehr mit Inhalten zu beschäftigen. Nichts ist unmöglich, weil ich es mir wert bin!

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13 Gedanken zu “Mehr als eine Überschrift

  1. Die unangenehme Folge ist, dass viele Menschen Mails und Briefe nicht mehr lesen können, sie verstehen vieles falsch und manchmal braucht es zwei, drei weitere Mails, damit das Gegenüber das liest, was schon beim ersten Mal dort geschrieben stand.
    Herzlichst, Ulli

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  2. Auch wenn du dir die Kommunikation der Politiker anschaust, dann sondern sie immer die gleichen Phrasen ab und haben gar nicht mehr den Anspruch den politischen Gegner zu überzeugen. Als Ergebnis entsteht eine polarisierte Gesellschaft, die eher die Fakten nach ihrer Meinung anpasst als umgekehrt. Offen bleibt nur die Frage, wie wir damit umgehen wollen?

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  3. Ich würde es nicht pauschalisieren.
    Pauschalisieren ist leider auch ein Mittel des Populismus.
    Eine Form der Vereinfachung.
    Nicht jeder Politiker/in gibt leere, Phrasen von sich. Es gibt viele Menschen in der Politik, denen es um Inhalte geht, um die Gesellschaft.
    Und genau an diesen Punkt darf jeder für sich schauen, welcher Kalk sich im eigenen Kopf schon festgesetzt hat und aus welcher möglichen Blase er kommt.
    Nicht einfach, wie ich persönlich finde.

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  4. „Ich versuche mittlerweile meine Worte sehr sorgfältig zu wählen“
    Versuchen kann man es, aber wenn der/die anderes liest, dann kann man nichts machen.
    (Ich habe deinen langen Dialog gestern auf einer anderen Seite gelesen…)

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  5. Ich möchte nich missionieren, nur meine Meinung/ Idee/ Einfall kommentieren.
    Manchmal spannend, was daraus entsteht.
    Unser Gehirn legt sich halt die Dinge so zurecht, wie sie dann passend sind.
    Wichtig ist es zu wissen, in einem stillen Moment durchschaut man es dann manchmal bei sich selbst.

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  6. Es kommt eben meist wie ein Übergriff an, wenn man den anderen analysiert. Aber wie soll man denn sonst verstehen können?
    Man macht sich ein Bild und teilt das mit. Natürlich sind solche Bilder wie Angelruten, die geworfen werden müssen. Manchmal ist ein Fisch dran, wenn auch oft ein kleiner.

    Man sollte eigentlich AUCH dankbar sein, wenn jemand versucht, zu verstehen…

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